Das Naturschutzgebiet Bodenmöser zählt zu den bedeutendsten Moorlandschaften im Voralpenraum. Kein Wunder, denn der 611 Hektar große Moorkomplex beinhaltet 31 Feuchtgebiete – ein perfekter Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten: Der fleischfressende Verkannte Wasserschlauch und das Sumpf-Glanzkraut fühlen sich in diesem Natura 2000-Gebiet genauso wohl wie der Wiesenknopf-Ameisenbläuling und sogar der extrem seltene Breitflügel-Tauchkäfer.
Am Boden ist aber nicht Ende der Fahnenstange: Im 917 Hektar großen Vogelschutzgebiet Bodenmöser kann man Bekassine, Neuntöter, Berglaubsänger, Trauerschnäpper, Schwarzkehlchen, Wiesenpieper und Grauammer entdecken. Ein besonderes Highlight sind die Brutgebiete für Braunkehlchen und Wachtelkönig. In der Horizontalen hat die Fahnenstange dann doch ein Ende. So finden sich östlich angrenzend Niedermoorbereiche, für die bislang ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt. Das soll sich durch ein Kooperationsprojekt für die Bodenmöser bald ändern.

Dafür hat Naturvielfalt Westallgäu das Peatland Science Centre (PSC) der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) beauftragt. Das Zentrum mit ausgewiesener Moorexpertise erforscht die wissenschaftliche Basis für die Moorentwicklung in Süddeutschland. In den Bodenmösern sollen nun bislang verfügbare Kartierungen, Bodenprofile sowie die Daten zur Nutzungsgeschichte, Flora und Fauna vervollständigt werden.
Intakte Moore sind Multitalente:
- Biodiversitäts-Hotspot
- CO2-Senke
- Wasserfilter
- Überschwemmungs- oder Dürreschutz – dank ihrer Schwammwirkung.
Mit diesen Fähigkeiten tritt das Ökosystem Moor unseren aktuellen Problemen entgegen – solange es intakt ist. Das haben auch Unternehmen und die Politik (u.a. mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz) erkannt, die den Schutz der Moore unterstützen.
Intakte Moore binden doppelt so viel Kohlenstoff wie die Biomasse aller Wälder der Erde zusammen. Doch in Deutschland sind 95 % der Moorflächen trockengelegt – wesentlich für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung. Ohne die schützende Wasserschicht gelangt Sauerstoff an das zuvor konservierte organische Material, sodass CO2 kontinuierlich entweicht. Hierzulande sind zerstörte Moore für über 7 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich – ein Vielfaches des innerdeutschen Flugverkehrs.
Also: trockengelegte Moore renaturieren! Doch wie?
Einbeziehung aller Akteure zum „Wasser marsch“!
Um den Wasserabfluss zu stoppen, heißt es: Entwässerungsgräben mit Spundwänden oder Torfdämmen verschließen. Ein bedeutungsvoller Moment – denn das CO2-Ausgasen wird so direkt unterbunden. Doch zuvor müssen viele Fragen geklärt werden: Welche geomorphologische Situation liegt vor? Welche Fließrichtung hat das Gewässer und gibt es angrenzende Bebauungen? Welche Grabenstruktur findet sich hier?
Zentral dabei: Alle Akteure werden einbezogen – in diesem Fall Landnutzende, Tourismus und Freizeit und die Behörden der Stadt Isny, der Gemeinde Argenbühl sowie weitere Interessierte. Denn erst wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt und behördliche Genehmigungen eingeholt sind, geht es an die Planung.
Bodenbeprobung mit Fachkenntnis
Das zur Renaturierung vorgesehene Gebiet liegt im Isnyer Becken: Der durch den Rheingletscher entstandene Schmelzwassersee verlandete – Niedermoore bildeten sich. In den zentralen Bereichen entwickelten sie sich zu Hochmooren weiter. Doch was genau liegt hier vor? Und sind die Bedingungen überhaupt geeignet, um Pegel setzen zu können?

Wo ist die optimale Stelle für den Pegel?
Am 6. Oktober war es so weit: Dr. Alexander Siuda, Cornelia Siuda, Pia Röder, Michael Kraut, Mira Wehrle – alle aus der HSWT-PSC – sowie Dr. Siegfried Kehl und Heike Helfenstein, Naturvielfalt Westallgäu, ermittelten eine geeignete Stelle zur Bodenuntersuchung. Mit Spaten und Moorklappsonden konnte das PSC-Team vier Bodenprofile aufgraben und begutachten.
Jedes Mal wanderte der Klappspaten tiefer in den Torf. Extrem faszinierend, wenn man bedenkt, dass man an jahrtausendealtes, konserviertes Material gelangt – ein Moor wächst etwa 1mm pro Jahr. Bei der Beprobung ging es Schicht für Schicht tiefer in den Torfkörper hinein – eine Zeitreise durch Jahrtausende. Aus den unterschiedlichen Lagen konnte das PSC-Team ablesen, wie sich das Moor entwickelt hat: In den oberen Bereichen fanden sich Pflanzenreste wie Wollgras und Seggen, weiter unten Schichten mit konservierten Holzstücken. Anhand dieser Funde ließ sich – tiefenabhängig und damit altersbezogen – ein genaues Bodenprofil erstellen und die Entstehungsgeschichte des Moors rekonstruieren.
Bei etwa 2,50 Metern Tiefe stießen die Forschenden auf ein Stück Kiefernholz, darunter bei rund 3,40 Metern auf eine Tonschicht – sie markiert das untere Ende des Moorkörpers.

Die Einordnung der einzelnen Bodenhorizonte und der Bodentypen als Ganzes erfordert viel Fachwissen und Erfahrung. Die dokumentierten Ergebnisse aus dieser Probennahme vervollständigen die Daten und schließen Lücken. Das PSC-Team konnte dem ausgewiesenen Gebiet anhand der Bodenprofile und Torfqualität eine Eignung zur Wiedervernässung bescheinigen.
Im nächsten Schritt folgt nun die Pegelsetzung – mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit des Moor-Ökosystems wiederherzustellen, den Wasserhaushalt zu optimieren und so aktiven Klima- und Artenschutz zu leisten – im Rahmen eines nachhaltigen Management- und Nutzungskonzepts.
Text: Simone Giesler