Dialogforum Artenvielfalt

Wie lässt sich Biodiversität erleben, begreifen – ja, sogar schmecken? Diese Frage stand im Mittelpunkt des zweiten Dialogforums für den Naturschutz in der Region, das am 16. Oktober 2025 im Haus Tanne in Isny im Allgäu stattfand.

Vielfalt erleben & schmecken

Unter dem Motto „Vielfalt erleben & schmecken“ kamen Engagierte aus Naturschutz, Landwirtschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft zusammen, um über den Wert der biologischen Vielfalt zu sprechen – und über Wege, sie in der Region zu erhalten.

Biodiversität: Grundlage für unser Leben

Dr. Matthias Wucherer, Leiter des Netzwerks Blühende Landschaft, eröffnete den Abend mit einem eindrucksvollen Impulsvortrag.
Er machte deutlich: Biodiversität ist keine Nebensache, sondern die Basis unserer Lebensgrundlagen – von sauberem Wasser über fruchtbare Böden bis hin zu gesunden Lebensmitteln.

„Das Thema Biodiversität kann man gar nicht hoch genug hängen“, betonte Wucherer.

Er zeigte auf, wie vielfältig die Lebensräume im Westallgäu sind – und wie sensibel sie auf Veränderungen reagieren. Gerade in dieser Region ist es entscheidend, Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz im Gleichgewicht zu halten.

Vom überdüngten Grünland zur Schmetterlingswiese

An einem Beispiel aus Leutkirch-Balterazhofen zeigte Dr. Matthias Wucherer, was eine angepasste Bewirtschaftung bewirken kann. Noch vor wenigen Jahren war das Grünland dort so stark gedüngt, „dass nicht einmal mehr der Löwenzahn durchkam“. Gemeinsam mit der elobau-Stiftung startete ein Grundeigentümer nach 2019 ein Erprobungsprojekt: Einige Wiesenstreifen blieben fortan komplett ohne Dünger und andere menschliche Eingriffe.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Heute flattern dort viermal so viele Schmetterlinge wie zuvor. Die Wiese wird jedes Jahr blütenreicher – und der Ertrag? Kaum geringer als auf dem konventionell bewirtschafteten Nachbargrundstück. Wucherer sagt: „In manchen Jahren haben wir sogar mehr geerntet als die Nachbarn.“

Dr. Matthias Wucherer beim Impulsvortrag Biodiversität im Haus Tanne – Foto Heike Helfenstein

Dialog statt Fronten

Beispiele wie dieses und auch engagierte Fragen der Teilnehmenden zeigten: Es braucht Vorbilder, Projekte, die Mut machen zum Mitmachen und Nachmachen. Das Beweidungsprojekt von Leona und Oliver Post mit ihrem Landschaftspflegehof für Ziegen in der Adelegg ist auch ein solches Beispiel, dass sich landwirtschaftliche Nutzung neu denken und erfolgreich umsetzen lässt.

Der Abend lieferte wertvolle Impulse auch rund um die Fragen:
• Wie lassen sich artenreiche Wiesen und Weiden erhalten?
• Welche Rolle spielen Kommunen und Verbraucherinnen?
• Wo sind die größten Hebel, um Biodiversität langfristig zu sichern?

Der Abend zeigte: Biodiversität ist Gemeinschaftsaufgabe.
Nur wenn Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft an einem Strang ziehen, lässt sich die Vielfalt der Arten und Lebensräume dauerhaft erhalten.

Hirschragout aus der Region an Kürbis-Graupen-Risotto – Foto Heike Helfenstein

Vielfalt schmecken – mit allen Sinnen

Begleitend zum gedanklichen Austausch gab es Feines aus der Küche: Kyra und Marvin, die beiden Nachwuchsköche im Haus Tanne, servierten ein tolles regionales “Vielfalt schmecken”-Menü in drei Gängen. Mit Wildkräutern, Fleisch aus heimischen Wäldern und Zutaten aus der Region wurde deutlich, wie eng der kulinarische Genuss mit dem Erhalt natürlicher Vielfalt verknüpft ist.

Artenschutz bedeutet Freude am Leben – und ist für uns Menschen letztlich auch Selbstschutz.


Vielfalt bewahren – für das Leben

Das Dialogforum hat eines deutlich gemacht: Biodiversität ist mehr als Artenschutz – sie ist Lebensqualität.
Jede Blühfläche, jeder Feldrain, jeder bewusste Konsum kann dazu beitragen, Vielfalt zu fördern und Lebensräume zu sichern.

Der Abend im Haus Tanne hat gezeigt, wie inspirierend der Austausch über Grenzen hinweg sein kann – zwischen Wissenschaft und Praxis, Küche und Natur, Mensch und Umwelt.

Danke an alle Teilnehmenden und Dr. Matthias Wucherer!

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